Nach einer von keinem Wecker (hingegen wohl von mancherlei anderweitigem Geräusch – siehe gestrigen Eintrag) beeinträchtigten Nacht widerfuhr Eva kurz nach dem Aufstehen das Malheur des Tages – ein Brillenbügel hatte beschlossen, fortan eigene Wege zu gehen. Glücklicherweise waren Schraube und Unterlegscheiben noch auffindbar, so ließ sich mittels Geduld, Fingernagel und Messerspitze alles wieder provisorisch zusammensetzen, und alsbald begaben wir uns wie geplant am etwas fortgeschrittenen Vormittag erstmals auf Erkundung in die Altstadt. Erstes Ziel dieser Erkundungsexpedition war irgendeine Bar oder ein vergleichbares Etablissement, wo man Frühstück bekäme (im Hotel ist das Frühstück nicht inklusive, sondern bei Voranmeldung für 9 Euronen, ad hoc für 12 Euronen zu haben; es gibt eigentlich keinen Grund, angesichts solcher Preise nicht in der Umgebung sein Glück zu versuchen). Das Wetter war stark bewölkt bzw. hochneblig, selten zeigte sich mal eine fahle Sonne am hellgrauen Himmel. Immerhin war es recht mild und trocken.
In den größeren Gassen der Altstadt pulsierte das Leben. Genau so, wie man sich eine richtig schöne alte Altstadt vorstellt. Eine Frühstücksgelegenheit war schnell gefunden, eine kleine Bar namens „Nemrut“, wenige Minuten vom Hotel entfernt. Es gibt dort u.a. ausweislich eines Schildes vor der Tür „English Breakfast“, wobei das E am Anfang erst nachträglich mittels schwarzen Filzstiftes aus einem I erzeugt worden war… 🙂
Vorzüglicher Kaffee, hervorragender Orangensaft, getoastetes Baguette, bißchen wenig Butter und Marmelade. Der Tee war, soweit ich Eva verstanden hatte, auch ganz genießbar – dessenungeachtet erging der Beschluß, ab morgen den aus Esslingen mitgebrachten Früchtetee dabeizuhaben.
Eine kleine Unterbrechung lieferte ein offenbar (noch?) alkoholisierter Mensch, vermutlich Engländer, der in die Bar gewankt kam, lautstark Bier verlangte, mehrmals gotteslästerlich fluchte und wieder davonschlingerte.
Nach dem Frühstück zogen wir einigermaßen ziellos durch die Altstadt, machten hier und da Photos und stellten fest, daß das bei diesem Licht ein überaus undankbares Geschäft sei. Ein grellweißer Himmel überstrahlte alles und jedes, die Luft war diesig, die Farben durchweg fahl – ziemlich frustrierend.
Im Palau del Lloctinent war dann unerwarteterweise Evas Kamera-Akku leer, der Ersatzakku lag da, wo Ersatzakkus bevorzugt zu liegen pflegen, daheim (nicht ganz daheim, sondern nur im Hotelzimmer, aber blöd genug). Glücklicherweise sind hier im Barri Gotic die Wege kurz, es sprach also nichts dagegen, mal eben zum Hotel zu gehen. Unterwegs kamen wir an einer kleinen Eisenwarenhandlung vorbei und erstanden einen kleinen Schraubenzieher, um die Reparatur der Brille formvollendet zum Abschluß zu bringen, sowie ein paar lange Kabelbinder, um die beiden wanderlustigen Betten im Hotelzimmer nachhaltig zu vereinen. Das alles im Hotel abgeliefert, und schon ging’s wieder los, diesmal etwas wärmer angezogen, denn es hatte sporadisch leicht zu nieseln begonnen.
Es war, wie erwähnt, eigentlich ein ziemlich milder Tag, jedenfalls für meine Begriffe. Viele andere Leute sahen das anscheinend anders, ein nicht unwesentlicher Teil der Passanten waren herbstlich, manche regelrecht winterlich gekleidet (okay, Handschuhe habe ich nirgends gesehen, aber sonst). Man ist wohl als Nordeuropäer etwas härter in dieser Hinsicht 😉 Wobei ich glaube, Eva ausnahmsweise auch zu den Nordeuropäern rechnen zu dürfen…
Ich kann nicht aufzählen, wo wir es überall schön, besonders schön, atemberaubend schön oder dergleichen fanden – überall halt. Sei es in der alten Kathedrale, sei es auf ihrem Dach (an einer Seitenkapelle stand eine längere Schlange; dort war – sicherlich ganz im Sinne des Patrons – ein Aufzug installiert), sei es beim Palau de la Música Catalana… Und überall (abgesehen vom dunklen Innern der Kathedrale) hatten wir das Problem, daß trotz größter Mühe die Bilder wie erwähnt furchtbar wurden. Beim Palau de la Música Catalana kam noch hinzu, daß dieser Bau (ein Werk von Antoni Gaudí) nicht photographierbar ist, weil er an der Ecke zweier so enger Gassen liegt, daß man seine schöne bunte Fassade kaum sehen kann – vom Abbilden kann keine Rede sein, wenn man sich nicht auf einen gegenüberliegenden Balkon begibt und mit photographisch-technischen Tricks arbeitet.
Nach ein paar Tapas in einer netten Bar konnte sich Eva denn doch nicht mehr zurückhalten und musste in ein Desigual-Geschäft „schauen“ (tolletolle bunte Mode, gibts in Stuttgart zu wenig und [eigentlich] zu teuer) und kam um ein „paar“ Euros leichter und um ein Kleidchen reicher wieder zurück 🙂
Auf den Ramblas entdeckten wir ein kleines Musikgeschäft, das neben bekannten und weniger bekannten Musikinstrumenten ein umfangreiches Notensortiment führte, aufbewahrt in einem gigantischen Wandregal voller sehr alt wirkender, dicker Stehsammler. Ein eindrucksvolles Bild, welches wir aber leider nicht gemacht haben. Dafür hat Eva ein paar Sachen für Flöte und Gitarre ergattert.
Bei etwas ungemütlichem Wetter kehrten wir nach Hause zurück, bei strömendem Regen machten wir uns später am Abend wieder auf, um noch etwas Eßbares zu ergattern. An das Abendessen schloß sich ein zweiter Besuch in unserer „Frühstücksbar“ an, wo wir ermittelten, wie es um die hiesige, im Vergleich mit Deutschland sehr verbreitete, Kunst der Mojito-Zubereitung steht. Es besteht kein Anlaß zur Sorge… 😉
Ein letzter Programmpunkt blieb noch, nämlich das Erzeugen des nächsten Blogeintrages. Leider sind wir wieder einen Tag hinterher, und wenn uns nicht mehrtägiges Unwetter von anderen Unternehmungen dispensiert, wird es wohl auch dabei bleiben. Der Schreiber dieser Zeilen hat sich den leichteren Part gesucht und muß sich nur halbwegs an die Erlebnisse erinnern, Eva dagegen hat wieder die schwierigere und undankbarere Aufgabe übernommen, sich um die Bilder zu kümmern, d.h. sie auszuwählen, hochzuladen und zu kommentieren. Das ist leider bei WordPress alles nicht so einfach (weshalb ich so ein Gefühl habe, daß bei künftigen Reisen unser Bloghoster nicht WordPress heißen wird), und so ging der späte Abend nicht ohne Schimpfen und Fluchen (nicht aufeinander, sondern auf dieses Stück Software) dahin.
So viel zu unserem ersten vollen Tag in Barcelona.
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Ulrich in Startposition für das erste Urlaubsphoto!
Und hier ist es auch schon: Wir sind im Hof des Palau Reial, dem Königspalast, wo dereinst Isabella von Kastilien Christoph Columbus auf Entdeckungsreise schickte. Heute treiben sich dort an den Mauern allerlei lustige Steingestalten herum.
Messingzigarre?
Diese Tür hat eine handförmige Versenkung: Wenn man die Hand dort reinlegt, kann man sich was wünschen! Ich hab mir gewünscht, dass mein Kamera-Akku doch länger hält als gedacht – hat er dann auch! (Allerdings hat das Wunder nur 3 Bilder lang angehalten)
Interessant: Vespa umgebaut zum Messerschleifen
Eine Kirche für Mathematiker: Santa Maria del Pi
Lustige Adam-und-Eva-Darstellung: Der Apfel scheint Eva irgendwie im Hals stecken geblieben zu sein…
Pausbäckiger Fries
Endlich ein Sonnenstrahl!!!
Dieses Geschäft verkauft keine Torten – sondern Handtücher!
Placa de Sant Jaume mit dem Palau de la Generalitat (Regierungssitz von Katalonien)
Überdimensionierter Kaninchendraht?
Neogotische Verbindungsbrücke zwischen 2 Palästen…
…mit wiederum vielen lustigen Steinfiguren!
Im Kreuzgang der Kathedrale gibt es einen Brunnen mit Steinfrosch…
und 13 weiße Gänse als Erinnerung daran, dass die (frühere) Schutzheilige von Barcelona, Santa Eulalia, ebenfalls 13 Gänse hatte
Keine Gans, aber wahrscheinlich auch sehr heilig
Noch ein Brunnen im Kreuzgang
Löwe mit Schnupfen
Noch so ein Steintyp mit Zigarre
Löwe mit Hirnschnupfen?
seltsame Wesenheiten
Die Kathedrale von innen
Die Krypta mit Sarkopharg der Santa Eulalia
holzgeschnitztes Chorgestühl aus dem 14. Jahrhundert
Auf dem Dach der Kathedrale
Ein erster Blick auf die Sagrada Familia, das Wetter wurde leider immer novembrig-neblig-niesliger…
Was genau macht eine 2 m lange steinerne Weinbergschnecke auf einem Kirchendach?!
Elefanten-Wasserspeier von oben
Nach so viel Kultur und Nieselregen mussten wir uns erst mal in einer Tapasbar stärken! Von dem nachfolgenden Besuch in einem Desigualshop gibts leider keine Photos 😉
Vor dem Palau de la Música Catalana (die Photos vom Gebäude selbst waren so dunkel, dass ich sie euch erspare)
Gruseliger Andenkenladen mit Dutzenden von Wackelaugen- oder Wackelsonstwas-Uhren (z. B. Kehrbesen, Hasenköpfchen, Hundeschwänze, Wäsche)
Auf den Ramblas: Haus mit Drachen und Regenschirmen (gerade sehr passend, wir hätten gut einen brauchen können)
Bei der großen Columbus-Säule am Ende der Ramblas gibts Kuschel-Löwen!